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Mittwoch, 24. April 2013

Gedanken zu Paul Klee: "Die wahre Kunst..."


„Die wahre Kunst ist nicht Können, sondern nicht anders können.‛ “

Ich kann sprechen. Ich kann kochen. Ich kann aufstehen und etwas trinken.

Wir sprechen das Wort jeden Tag aus. Ich kann. Können ist ein zentraler Begriff der Menschheitsgeschichte. Ohne Können gäbe es keine Kultur, ohne Können würden wir verhungern. Der etwas ältere Kunsthistoriker und Philosoph, neben mir sitzend, flüstert mir ins Ohr: „Aideen, Kunst kommt von „Können.““ Und ich sage: „Nein, Meister, Paul hat Recht.“

Ist denn Sprechen, Kochen, Aufstehen oder Trinken Kunst? Natürlich ist jeder menschliche Gedanke, jede unserer Bewegungen eine Kunst, eine Wissenschaft für sich. Denn schließlich ist „jeder Mensch ein Künstler“ (vgl. Beuys), in dem, was er besonders gut kann.
Doch kehren wir zu der sg. „wahren Kunst“ zurück. Der Kunst, die Geschichte schreibt, Meinungen von Tausenden zu beeinflussen vermag, Kunst, die in den Erinnerungen der Betrachter bleibt oder, noch besser, sie ins Auge sticht. „Kunst ist das, was man gesehen haben muss.“ (Janos Papp) Kunst verändert uns, schult unsere Wahrnehmung, regt zu Diskussionen oder Streitereien an, bringt uns weiter, ruft zum Nachdenken auf, berührt uns, ekelt uns an…

Wie muss denn ein Künstler überhaupt sein? Was ist DIE Voraussetzung, um Kunst „machen“ zu können?
Paul bringt das auf den Punkt. Der wahre Künstler kann nicht anders. Er steht auf und das erste, was er denkt steht im Zusammenhang mit seiner Kunst. Der Drang, sich künstlerisch zu betätigen, zwingt ihn aufzustehen und ohne den morgendlichen Tee anzufangen. Es ist ein äußerst natürlicher Drang, ein Drang, bis zur Wahrheit vorzudringen und sich selber neu zu entdecken. Ein Drang, Dinge sichtbar zu machen, für die seine Mitmenschen blind sind. (vgl. Klee) Eine Leidenschaft, die uns vor keine Wahl, sondern vor eine klare Tatsache stellt: Du musst.

Ein Künstler ist der, der ohne seine Zeichnungen, seine Gedichte und seine Lieder eingehen würde wie eine Orchidee in der Wüste. Die Hingabe ist es, die ihn zum Künstler macht. Ein Künstler  arbeitet nie halbherzig an seinen Werken, er gibt sich für sie auf, er ist bereit zu leiden und sich quälen zu lassen, weil er schlicht und einfach nicht anders kann.

Ein Künstler ist wie ein unglaublich langer brennender Ast. Es gibt immer Gegner, die neidisch sind oder ihn hassen, die kommen dann mit Kübeln voller Wasser an, doch der wahre Künstler brennt so sehr, dass das Wasser in Sekundenschnelle verdunstet. Dieses Feuer kommt ursprünglich von Innen und wird von äußeren Einflüssen, von Lehrern, von Erfahrungen, von Beziehungen oftmals noch bestärkt.
Inneres Feuer, Leidenschaft, das Gefühl, für die Kunst bestimmt zu sein, für sie leben oder sterben zu müssen, das sind meiner Ansicht nach die entscheidenden Eigenschaften. Natürlich kann man Grundlagen gewisser künstlerischer Techniken erlernen, doch nicht jeder Zeichner, Maler oder Schriftsteller kann gleichzeitig als Künstler bezeichnet werden. 

Der Künstler, so wie ich ihn zu sehen und über ihn zu berichten wage, ist mit einem genauestens sehenden und schnellstens beurteilenden Auge ausgestattet. Dies Auge erlaubt ihm keine Ruhepause, es ist stets am Beobachten und zwingt ihn, das Gesehene aufzuzeichnen. Mit diesem Auge wird man wohl geboren. Man kann es sicherlich schulen, doch solange das innere Feuer nicht vorhanden ist, mein lieber Philosoph, hilft ihm jegliches Können leider kaum.

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